Die 1000-Punkte-Regel im Gefahrguttransport gemäß ADR 1.1.3.6präzise erklärt für die Praxis
Die sogenannte „1000-Punkte-Regel“, korrekt bezeichnet als Freistellung nach Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR, ermöglicht den erleichterten Straßentransport kleinerer Mengen gefährlicher Güter. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis, dass unterhalb dieser Mengenschwelle alle ADR-Vorschriften entfallen; dies ist jedoch nicht zutreffend, da zahlreiche Pflichten weiterhin bestehen bleiben.

Grundlagen der 1000-Punkte-Regel

Diese Regelung findet ausschließlich Anwendung auf den Straßentransport (ADR). Für den Seetransport (IMDG-Code) und den Lufttransport (IATA-DGR) existieren eigenständige Regelwerke und Konzepte, die nicht auf das ADR übertragbar sind.
Unterschreitet die errechnete Punktzahl gemäß Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR den Wert von 1000 Punkten, entfallen spezifische Anforderungen, jedoch nicht alle.

Berechnung der Punkte

Die Berechnung der Punkte erfolgt nach der Formel: Punktwert = Menge × Faktor der Beförderungskategorie.

Die Faktoren pro Beförderungskategorie sind in ADR Unterabschnitt 1.1.3.6.4 festgelegt:

  • Beförderungskategorie 1 (BK 1): Faktor 50
  • Beförderungskategorie 2 (BK 2): Faktor 3
  • Beförderungskategorie 3 (BK 3): Faktor 1
  • Beförderungskategorie 4 (BK 4), begrenzte Mengen (LQ) und freigestellte Mengen (EQ): Faktor 0.

Bei punktepflichtigen Stoffen wird die Nettomenge (in kg oder l) mit dem entsprechenden Faktor multipliziert. Bei Gasen ist die Nettomasse in Kilogramm (kg) maßgeblich, nicht das Volumen.

Beispiel:

10 Liter Benzin (BK 2) → 10 × 3 = 30 Punkte
5 kg Natriumhydroxid (BK 3) → 5 × 1 = 5 Punkte
Summe: 35 Punkte (< 1000 Punkte), wodurch eine Freistellung nach 1.1.3.6 ADR möglich ist.

Fortbestehende Pflichten unterhalb von 1000 Punkten

Auch wenn die 1000-Punkte-Regel angewendet wird, bleiben wesentliche Pflichten bestehen:

  • Verpackung und Kennzeichnung: Die Verwendung von UN-zugelassenen Verpackungen und die Anbringung der entsprechenden Gefahrzettel auf den Versandstücken sind zwingend.
  • Beförderungspapier: Ein vollständiges Beförderungspapier ist erforderlich, welches die Gesamtpunktzahl ausweist. Es wird empfohlen, den Hinweis „Freistellung gemäß 1.1.3.6.3 ADR“ hinzuzufügen.
  • Ladungssicherung: Eine ADR-konforme Ladungssicherung ist stets verpflichtend.
  • Unterweisung nach ADR Kapitel 1.3: Alle am Gefahrguttransport beteiligten Personen, einschließlich Fahrer, Verlader und Lagerpersonal, müssen gemäß ADR 1.3 unterwiesen sein.

Vorgeschriebene Ausrüstung

Unterhalb der 1000-Punkte-Schwelle entfallen bestimmte Ausrüstungsgegenstände, wie die orangefarbene Warntafel oder Placards am Fahrzeug. Ebenso ist für den Fahrer kein ADR-Schein erforderlich; eine Unterweisung nach ADR 1.3 genügt.

Folgende Ausrüstung bleibt jedoch verpflichtend:

  • Ein 2 kg ABC-Feuerlöscher (dessen Prüfintervalle zu beachten sind).
  • Warnweste, Warndreieck und Verbandskasten.
    Hinweis: Bei Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen kann der Feuerlöscher, abhängig von der spezifischen Gefährdungsbeurteilung, entfallen.

ADR-Schein und Gefahrgutbeauftragter

Ein ADR-Schein für den Fahrer ist ausschließlich dann erforderlich, wenn die 1000-Punkte-Grenze überschritten wird. Für Transporte unterhalb dieser Grenze ist eine Unterweisung nach ADR 1.3 ausreichend.

Die Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten (GbV §2) kann bei reinen Transporten unterhalb der Freigrenzen entfallen. Eine präventive Beratung in Gefahrgutsangelegenheiten wird jedoch stets empfohlen.

Wichtige Hinweise & Fallstricke

  • Zusammenladeverbote: Die Vorschriften zu Zusammenladeverboten, beispielsweise zwischen Gefahrgütern der Klasse 1 und Klasse 2, sind unbedingt einzuhalten.
  • Teilladungen auf Touren: Bei Touren mit mehreren Ent- und Beladestellen muss die Punktzahl nach jeder Ent- oder Beladung neu ermittelt und im Beförderungspapier dokumentiert werden.
  • Tunnelbeschränkungen: Selbst bei Unterschreitung der 1000 Punkte kann der Tunnelcode relevant sein, insbesondere bei Transporten von begrenzten (LQ) oder freigestellten Mengen (EQ).

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Checkliste – Transport unter 1000 Punkten

Prüfschritt Erforderlich? Handlung
Punkte < 1000 ✅ Ja Rest-Pflichten gelten
ADR 1.3-Unterweisung ✅ Ja Für alle Personen
2 kg Feuerlöscher ⚠ ggf. Empfehlung z.B. bei > 3,5 t
Warntafel/Placards ❌ Nein Nicht erforderlich
ADR-Schein ❌ Nein Nur bei > 1000 Punkte
Beförderungspapier inkl. Punktzahl und Hinweis auf 1.1.3.6 ✅ Ja Unverzichtbar
Zusammenladeverbot prüfen ✅ Ja Bei Stoffkombination
Tunnelcode beachten ⚠ bei LQ/EQ Gibt Sicherheit

Häufig gestellte Fragen zur ADR 1000-Punkte-Regel

Was ist die ADR 1000-Punkte-Regel?

Die ADR 1000-Punkte-Regel ist eine wesentliche Bestimmung im Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR). Sie legt fest, bis zu welcher Gesamtpunktzahl (berechnet anhand der Menge und Gefahrenklasse der transportierten Güter) bestimmte Erleichterungen bei den ADR-Vorschriften in Anspruch genommen werden können. Ziel ist es, den Transport kleinerer Mengen gefährlicher Güter zu vereinfachen, ohne die Sicherheit zu gefährden.

Wie werden die Punkte nach der 1000-Punkte-Regel berechnet?

Die Berechnung erfolgt, indem die Netto- oder Bruttomasse (je nach Gut) der gefährlichen Güter mit einem Faktor multipliziert wird, der der jeweiligen Beförderungskategorie und Gefahrenklasse zugeordnet ist. Die Summe dieser Produkte aller im Fahrzeug befindlichen gefährlichen Güter ergibt die Gesamtpunktzahl. Wenn diese unter 1000 Punkten liegt, können die Erleichterungen angewendet werden.

Welche "Erleichterungen" gelten unterhalb der 1000-Punkte-Grenze?

Unterhalb von 1000 Punkten entfallen viele der strengeren ADR-Vorschriften. Dazu gehören in der Regel:

  • Keine orangefarbenen Warntafeln am Fahrzeug.
  • Der Fahrer benötigt keinen speziellen ADR-Schein.
  • Weniger strenge Anforderungen an die Fahrzeugausrüstung (z.B. keine vorgeschriebene Notfallausrüstung wie Schaufel, Besen).
  • Keine Kennzeichnung der Versandstücke mit großen Zetteln (Placards).

Welche Pflichten gelten auch unterhalb der 1000 Punkte weiterhin?

Auch wenn die 1000-Punkte-Grenze nicht überschritten wird, bleiben einige grundlegende Pflichten bestehen:

  • ADR 1.3-Unterweisung: Alle am Gefahrguttransport beteiligten Personen (Verlader, Fahrer, Packer etc.) müssen entsprechend unterwiesen sein.
  • Beförderungspapier: Ein korrekt ausgefülltes Beförderungspapier, das auch die berechnete Punktzahl und den Hinweis auf 1.1.3.6 (die Regelung der 1000-Punkte-Grenze) enthält, muss mitgeführt werden.
  • Verpackung und Kennzeichnung: Die Güter müssen in zugelassenen und ordnungsgemäß gekennzeichneten Verpackungen transportiert werden.
  • Ausrüstung im Fahrzeug: Eine Warnweste, ein Warndreieck und ein Verbandskasten sind immer mitzuführen. Ein 2 kg ABC-Feuerlöscher ist ebenfalls dringend empfohlen, insbesondere bei Fahrzeugen über 3,5 t.
  • Zusammenladeverbote: Das Prüfen von Zusammenladeverboten bleibt essenziell, um gefährliche Reaktionen zwischen verschiedenen Gütern zu vermeiden.
  • Tunnelcode: Der Tunnelcode muss beachtet werden, um gefährliche Güter nicht durch ungeeignete Tunnel zu befördern.

Was passiert, wenn die 1000-Punkte-Grenze überschritten wird?

Wird die 1000-Punkte-Grenze überschritten, gelten die vollen ADR-Vorschriften. Dies bedeutet unter anderem:

  • Der Fahrer benötigt einen gültigen ADR-Schein.
  • Das Fahrzeug muss mit orangefarbenen Warntafeln gekennzeichnet sein.
  • Die vollständige Fahrzeug- und persönliche Schutzausrüstung muss vorhanden sein.
  • Strengere Anforderungen an das Fahrzeug (z.B. bestimmte Bremsanlagen, elektrische Ausrüstung).
  • Ggf. Vorschriften für Parken, Überwachung und Route.

Benötige ich einen externen Gefahrgutbeauftragten, auch wenn ich unter 1000 Punkten bleibe?

Die Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten hängt nicht direkt von der 1000-Punkte-Regel ab, sondern von der Art und Menge der im Kalenderjahr beförderten, verpackten, beladenen oder entladenen gefährlichen Güter. Auch wenn Sie in der Regel unter 1000 Punkten bleiben, kann unter bestimmten Umständen die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten erforderlich sein. Eine individuelle Prüfung ist hier ratsam.

Fazit

Eine Freistellung durch die 1000-Punkte-Regelung ist kein „Freifahrtschein“ für den Gefahrguttransport. Sie bietet gezielte Erleichterungen, erfordert jedoch eine fachlich und juristisch einwandfreie Umsetzung. Mit BOXLAB Services erhalten Sie kompetente Beratung, spezialisierte Tools und das notwendige Kennzeichnungsmaterial, um diese Anforderungen rechtskonform zu erfüllen.

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